Für den Naturfotografen bietet das Wohnmobil den unschätzbaren Vorteil immer da zu sein, wo auch fotografisch etwas geboten ist. Doch Vorsicht, in Italien ist das mit dem frei Stehen nicht so wie bei uns. Prinzipiell ist wildes Campen verboten, einiges wird toleriert, aber in Strandnähe kann es schon sein, dass die Policia eingreift. Einfache Stellplätze sind mit „Area Sosta Camper“, Landgaststätten mit heimischer Küche als „Agriturismo Sardegna“ ausgeschildert
Rund um die Insel sind aber auch genügend Stellplätze bis hin zu komfortablen Campingplätzen, die sowohl Strom, Wasser und Entsorgung anbieten. Häufig gepaart mit einem – meist vernünftigen - Restaurant.
Von München nach Genua – dem nächstgelegenen Fährhafen Richtung Sardinien, ist es mit dem Wohnmobil eine kurze Tagesreise. Die Fähren nach Olbia oder Porto Torres gehen meist abends gegen halb Zehn Uhr und fahren über Nacht. Camping an Board gibt es derzeit noch nicht. Wer es mit etwas Komfort genießen will nimmt eine Kabine. Ausgeschlafen kommt man am nächsten Morgen auf der Insel an.
Ich beginne hier mal in Olbia. Ca. 70 km südlich liegt der kleine Ort Orosei. Dieser bietet am Strand einen schönen Stellplatz „Osalla Beach Garden“, mit einfacher Dusche, Wasser, Strom und Entsorgung – übrigens mit gutem Restaurant und Bar – und einem, über eine Hängebrücke erreichbaren – sehr schönen Strand mit Pinienhain. In und um den Stellplatz findet sich eine Menge an verschiedenen Insekten (neben dem WOMO kann man mit etwas Glück schon Gottesanbeterinnen finden), die durchaus Lust zur Fotografie machen. Der Pinienhain am Strand bietet besonders am Morgen karibisch anmutende Motive.


Wer frischen Fisch oder Meeresfrüchte will dem sei der Fischhandel am Ortsausgang von Orosei links an der Straße zum Stellplatz empfohlen - der Hammer.
Weit im Süden des Golfes von Orosei kann man einen großen Felsen im Dunst erahnen – an ihm lebt die größte Eleonorenfalken-Kolonie des westlichen Mittelmeeres. Doch dazu gleich noch mehr. Hier am Platz muss man sich nun entscheiden, ob man der Küste weiter gegen Süden folgt oder in die nahen Berge will. Unterschiedlicher könnten die Möglichkeiten nicht sein.
Folgen wir mal der Küste südlich:
Vorbei an Cala Gonone und Urzulei geht es nach Baunei. Kurz hinter dem Ort biegt eine Straße Richtung links zur Küste ab und man gelangt nach unzähligen Kurven durch immergrüne Maccia in herrlicher Berglandschaft zum Punta Pedra Longa, zwei Felsnadeln im Meer, die bei Nacht und Sonnenaufgang ein fantastisches Bild ergeben. Hier kann man, zwar beengt und oft besetzt, mit dem Wohnmobil auf geteertem Untergrund nächtigen. Übrigens ist zwei Kurven oberhalb auch ein gutes Restaurant - das Bier ist frisch und hat den Namen "Ichnusa". Unbedingt ausprobieren - rechts vom Eingang zur Terrasse führt eine lange Steintreppe hinab ans Meer zu einer kleinen Badestelle.
Und hier geht auch etwas oberhalb der Gaststätte ein Wanderweg links und rechts in unwegsames Gelände. Nach den Bestimmungen (beschrieben auf einer großen Infotafel) darf man ihn eigentlich nicht ohne Führer benutzen – uns kam auf dem Weg auch eine geführte Gruppe entgegen – aber wenn man diesem Pfad nur gerade nach Norden folgt, sollte man zwar trittsicher sein, aber alpine Kenntnisse sind nicht erforderlich. Und nach ca. 2,5 Stunden kommt man dann auch an ein kleines Plateau mit wunderbarem Blick auf – sie werden es erraten – auf den Falkenfelsen. Ein Herankommen ist nicht möglich, der Weg führt von hier steil bergauf Richtung Baunei, aber ich glaube das muss man auch gar nicht, denn schon von hier wird einem klar wie gewaltig dieser Fels ist. Aber Falken sind genügend in der Luft.
Weiter nach Süden geht’s es in die kleine Stadt Arbatax mit seinem Jachthafen und dem berühmten Porphyrfelsen. Morgens und abends ein farbenfrohes Motiv. Der Felsen leuchtet in verschiedenen Rottönen. Direkt vor den Felsen, unmittelbar nahe des Hafens gelegen kann man mit dem WOMO auf einem sandigen, ebenen Platz mal eine Nacht stehen bleiben. Empfehlen kann ich "Campeggio Villaggio Sos Flores", ein Stellplatz 15 min vom Hafen entfernt, unter Eukalyptusbäumen gelegen mit eigenem Strand, Restaurant und strikter Mülltrennung – natürlich auch alles an Entsorgung sowie Strom und großzügigen Sanitärräumen.

Unbedingt zu empfehlen ist eine Fahrt mit der Schmalspurbahn ins Gebirge. Am Hafen ist auch der kleine Bahnhof. Entspannter kann man das bergige Hinterland nicht erkunden.
Über Bari Sardo geht’s noch südlicher, Villaputzu und Porto Corallo ist unser nächstes Ziel. "Bellavista Camper Service" kurz vor dem kleinen Hafen gelegen ist ein einfacher Stellplatz mit allem. Einkaufsmöglichkeiten in der Stadt, Stellplatznah zu Fuß erreichbar findet man mehrere verwilderte Bereiche mit einer vielfältigen Insektenwelt. Gelegentlich auch mal mit Schildkröten und verschiedenen Singvögeln.
Von hier gings dann für uns im Herbst immer an Cagliari vorbei an die südliche Westküste. Unser Ziel Porto Botte und die von dort südlich schnell erreichbaren Salinen. Hier gibt es einen traumhaften Stellplatz „Spiaggia di Porto Botte“, gelegen zwischen Meer und Saline, auf festem Untergrund und mitten drin. Zentral im Gebiet hat man hier nicht nur tolle Sonnenauf- und untergänge sondern auch in den Salinen eine reiche Vogelwelt. Verschiedene Grasmücken, Limikolen, Enten und Flamingos sind hier in vernünftigen Distanzen anzutreffen. Aber auch Krähenscharbe und mehrere Möwenarten finden sich am Strand ein.
Unser eigentliches Ziel ist aber, über eine Verbindungsstraße durchs Meer Sant Antioca, und weiter der kleine Hafen von Calasetta. Hier geht 2-stündlich die Fähre nach Carloforte auf der Isola de San Pietro, das italienische Traumziel im Herbst für Vogelfotografen – hier geht es zu den Eleonorenfalken.
Der Preis Hin- und Rückfahrt fürs WOMO liegt bei ca. 80 Euro, Fahrzeit ca. 1 Stunde. In Carloforte angekommen hält man sich linksseitig – Ziel "Capo Sandalo". Wer allerdings die am Stadtrand gelegenen Salinen genauer studiert wird sich die Weiterfahrt als Fotograf fast überlegen, so wimmelt es hier von verschiedenen Vögeln. Bis 2019 unterhielt der örtliche Naturschutz am geteerten Parkplatz – der ist übrigens auch der Stellplatz fürs WOMO während des Aufenthaltes (Keile unbedingt vonnöten) - eine Informationshütte und wies den Fotografen die Hides und Stellplätz zu. Derzeit hat das wohl ein lokaler Guide übernommen dessen Reservierungsliste auf Nachfrage bereits für das darauffolgende Jahr voll war.
Vom Parkplatz geht ein Weg Richtung Spitze der kleinen Halbinsel. Hier hat man bereits Gelegenheit den Falken bei der Jagd zuzusehen. Am Anfang biegt auch ein Steig rechts Richtung Meer ab und führt die Steilküste steil nach unten. Auch hier gibt es durchaus Gelegenheit mit langen Teles die Vögel abzulichten. Zu erwähnen ist unbedingt, dass mit Schildern das Verlassen des Weges wegen der Falken untersagt ist. Wer sich allerdings am Parkplatz links an der Mauer in die Vegetation begibt folgt einem Fernwanderweg und der führt auch nahe der Steilküste vorbei. Hier ist der richtige Ort um sein Glück zu versuchen.
Weiter hat die Insel eine reiche Insektenwelt sowie eine große Anzahl verschiedener Eidechsen (meist Ruineneidechsen) zu bieten, Blaumerlen sind häufig und auch mehrere Arten von Grasmücken besiedeln die Buschlandschaften entlang der Küste. Während des Vogelzuges sind alle Arten europäischer Kleinvögel anzutreffen. Drei Tage sollte man schon einplanen und immer früh los – bevor die geführten Fotografen durch Gelände gebracht werden.

Von hier geht es dann wieder zurück und ein ganzes Stück nördlich in das Gebiet von Oristano.
Nicht ohne am Stellplatz des Örtchens Buggerru ein oder zwei Nächte zu verweilen. Ganz nahe am Meer, mit tollem Strand liegt er am Ende des kleinen Bergwerkdorfes, dessen Zufahrtsstraße von beiden Seiten schon mal 13% Steigung/Gefälle erreichen. Für 10 Euro/Tag hat man Entsorgung, Dusche, WC und Strom. Ein Ausflug zur Lorenbahn mit Besichtigung eine Bergwerkstollens am Südhang des Canyons lohnt sich, die Eisdiele ist überragend, kleine Geschäfte laden durchaus mal zu einem Spaziergang ein und die örtliche Gastronomie ist auch nicht zu verachten. Aber Kamera mitnehmen. Ich war überrascht welche Schmetterlingsvielfalt sich an den Gärten bot. Erdbeerbaumfalter, Schwalbenschwanz und Pelargonienbläuling waren hier gut vertreten, sind aber durchaus an andere Stelle ebenfalls zu finden. Und am Stellplatz singen im Herbst die Blaumerlen um die Wette.
Und dann weiter nach Oristano. An den dortigen Salinen und Flachgewässern gibt es für den Tier- und Naturfotografen ein schier unerschöpfliches Betätigungsfeld.
Wir fahren aber weiter nördlich, an Bosa vorbei (kurz nach Bosa beobachten wir noch eine Zeit lang die Gänsegeier in den dortigen Felsen hoch oben im Gebirge) Richtung Alghero. Landschaftlich ist diese Straße ein Traum. Für Naturfotografen sei aber die Strecke durch die Berge zu empfehlen. Es gibt meerseitig auch mehrere kleine Straßen, die man sich erarbeiten muss oder einfach mal abbiegt. Gerade im Frühjahr trifft man hier auf unzählige Zugvögel. Braun- und Schwarzkehlchen, Schnäpper, Lerchen und Würger, um eine kleine Auswahl zu nennen. Im Frühjahr findet man entlang dieser Straßen auch eine große Anzahl verschiedener Orchideen. Schmetterlingsorchis, Mannsknabenkraut und Übersehene Ragwurz sind nur ein paar davon. Außerdem sind die blühenden Ginsterhänge eine Augenweide.
Alghero sollte man unbedingt besichtigen. Es gibt einen großen Parkplatz vor der Zitadelle (aufgepasst, der ist kostenpflichtig), eine tolle Markthalle mit jede Menge Fisch, Muscheln, Fleisch und Gemüse aus regionaler Gewinnung und natürlich jede Menge bester Lokalitäten. Ein paar Kilometer nördlich befindet sich ein großer Stellplatz mit allem, "Camping Village Laguna Blu". Folgt man dieser Straße, vorbei an einem Schutzgebiet genannt „Regionaler Naturpark Porto Conte“ gelangt man schließlich zum „Capo Caccia“, wo diese Straße endet. Zu besichtigen ist unbedingt die Neptunsgrotte. Hier am Kap leben mehrere Paar Wanderfalken und Gänsegeier, überdies ist dies der wohl beste Ort Sardiniens um nächtens die hier vorkommenden Sturmvögel zu sehen.
Ein paar Kilometer weiter nördlich gelangt man zum "Lago Baratz". Der einzige Süßwassersee Sardiniens bietet vielfältige Fotomotive, verschiedenen Eidechsen, Wasservögel und mit etwas Glück auch Schildkröten. Übrigens teilen sich vier Arten die Insel auf. Besonders zu erwähnen ist die hier lebende Breitrandschildkröte sowie auf dieser Höhe die einzelnen Küstenabschnitte mit traumhaften Buchten z. B. „Torre Bianca“, mit Steinkegeln und beeindruckenden Felsformationen. Es lohnt sich einfach immer wieder anzuhalten und die Küste zu erkunden. Wie überall auf der Insel an den Sandstränden im Herbst blüht auch hier die Trichternarzissen, oft auch als Pankrazlilie bezeichnet.
Weiter geht es nach Norden. An Porto Torres vorbei in Richtung Stintino zum "Capo Falcone". Die Meerenge zwischen Korsika und Sardinien bietet stahlblaues Wasser und eine Vielzahl von Bademöglichkeiten.
Dem Tierfotografen sei besonders der Küstenabschnitt vor Stintino im Osten der Halbinsel ans Herz gelegt. Aufgelassenen Salinen, eine ausgedehnte Maccia, ungeteerte Fahrwege dazwischen immer wieder kleine Süßwasserlagunen, hier wimmelt es nur so von Vögeln und Insekten. Z.B. Braun- und Schwarzkehlchen, Flamingo und Zwergseeschwalbe, Brachpieper, Grauammer und Kalanderlerche sind hier eher häufig anzutreffen. Auch kann man hier durchaus gut Wildschweine fotografieren. An die kleinen Lagunen kann man mit dem Auto dicht heranfahren und dieses so als Deckung benutzen, um ungestört durchziehende Limikolen abzulichten. Gesehen habe ich Kampfläufer, Zwerg- und Alpenstrandläufer, Grünschenkel, Rotschenkel und Andere mehr.
Die Küstenstraße Richtung Osten ist abwechslungsreich und vielschichtig. Besonders seien aber noch die Felsformationen im Nord-osten um Palau zu erwähnen. Hier findet der Landschaftsfotograf eine Vielzahl von Motiven.
Leider ist in diesem Bericht das Innere der Insel komplett zu kurz gekommen. Aber dieses Gebiet bis in die Berge würde nochmal die gleiche Anzahl an Seiten verschlingen. Vielleicht in Teil Zwei.
Abschließend sei noch kurz erwähnt, dass auf der ganzen Insel Campingplätze, Stellplätze und WOMO-freundliche Küstenabschnitte vorhanden sind. Die Verpflegung ist gar kein Problem. Auf regionale Produkte wie Olivenöl, Käse und die unvergleichlichen Nudeln sei besonders hingewiesen und auch den sogenannten „Agriturismo Sardegna“, - Landgaststätten oft mit Unterkunft und auch meist mit Stellmöglichkeiten fürs WOMO - Essen mit ausschließlich heimischen Produkten.